Die Nacht war ganz gut nur etwas kalt. Aber wir haben ja unsere Zusatzdecken! Als ich wach werde muss ich auch gleich aufstehen. Und Kaffee brauche ich. So mache ich es dann auch. Der Himmel ist etwas bedeckt, es geht ein leichter Wind und es ist machbar draußen zu sitzen. Ich versuche meinen Kaffee zu genießen, was mir auch fast gelingt nur leider sind die Blackflies mal wieder aktiv. Und so kann ich nicht wirklich in Ruhe sitzen und trinken. Aber alles in allem – vor allen Dingen wenn ich es mit Platz von gestern Abend, den wir als Erstes angefahren sind, vergleiche – ist es okay.
Bald krabbelt auch Nicole gut ausgeschlafen aus dem Zelt und wir machen uns ausgeh – fertig. Es ist gegen Mittag als wir aufbrechen. Der Himmel ist immer mehr bedeckt aber es regnet nicht und die Temperaturen sind angenehm. Wir sind neugierig auf die Stadt und überlegen, was wir uns dort ansehen wollen.
Beim Einfahren in die Innenstadt sind wir etwas erstaunt. Es sind nicht nur viele Menschen unterwegs, es sind auch Straßen abgesperrt und Parkverbot direkt vor den Geschäften. Außerdem sitzen die Menschen auf den Bordsteinkanten und es wirkt ein bisschen wie leichte Partystimmung. Hm, sicher irgendeine Veranstaltung heute hier, überlegen wir. Mal sehen, ob wir raus bekommen, welche. Wir fahren durch die Innenstadt auf der Suche nach einem Parkplatz und werden auch bald fündig. Dann schnappen wir uns unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg. Wir werden heute mal ein wenig in die Outdoorläden hier schauen. Nicole möchte ja noch ihre Mehrtageswanderungen machen, für die sie noch ausgestattet werden muss. Hier können wir heute schon mal Informationen einholen und Vergleiche machen. Und dann mal sehen, was wir dann noch machen. Haben ja Zeit…
Die Menschenmassen auf den Straßen und auf den Kanten der Bürgersteige sind mehr geworden und wir wissen immer noch nichts. So gehen wir in das erste Geschäft und hier bekommen wir erzählt, dass ja gleich die Santa Parade hier lang geht. Aha! Santa Parade! Ich kann mir darunter nicht wirklich etwas vorstellen. Wollen hier wirklich verkleidete Weihnachtsmänner lang laufen? Wäre ja etwas langweilig… Ich bin gespannt während Nicole die Augen verdreht. Santa Parade – das hat ihr ja gerade noch gefehlt! Mir zuliebe willigt sie ein, ein wenig zu zusehen. Aber ich möchte bitte nicht vergessen, dass wir ja noch in die Läden wollen. Ja, ja… Vergesse ich schon nicht und machen wir doch auch, kann ja nicht so lange dauern. Und so gehen wir in das nächste Geschäft. Noch während wir drin sind, höre ich Musik. Wir müssen hier raus! Und das machen wir auch. Ich recke meinen Hals und entdecke eine ziemlich breite Lücke von der aus ich auf das Geschehen auf der Straße schauen kann. Nicole fragt mich noch, so halb im Spaß, ob ich den Fotoapparat brauche. Ja, kann ja nicht schaden. Mit einem dicken, breiten Grinsen und halb verdrehten Augen bekomme ich ihn in die Hand gedrückt. „Du willst doch wohl nicht etwa ernsthaft Fotos davon machen???“ Nicole ist jetzt doch ein wenig irritiert und ihr ist auch leicht übel… „Weiß ich noch nicht – mal sehen.“ ist meine wage Antwort. Ich weiß doch überhaupt nicht, was ich hier sehen werde. Und vor mir eine Familie auf ihren Campingstühlen, der Vater mit dem Camcorder in der Hand.
Ich brauche gar nicht lange zu warten, da zieht der erste Wagen an mir vorbei. Auf ihm erwachsene Leute in Kostümen, Kinder in ihrer Verkleidung, die winken und „Merry Christmas“ rufen. Und so folgt Wagen auf Wagen, unterschiedlichste Themen, auch alle möglichen kommerziellen und öffentlichen Einrichtungen haben ihren Wagen. Mal mit Musik, immer geschmückt, mit Menschen, die aus dem Auto heraus oder vom Anhänger herunter auf die Massen auf den Bürgersteigen winken. Dazu wird getanzt, Fahrrad gefahren, marschiert, es sind Tiervereine mit dabei, McDonald und asiatische Gruppen. Alle haben sich etwas einfallen lassen und gehen nun auf der Straße um sich zu präsentieren. Ich kann mich nicht erinnern so etwas schon einmal gesehen zu haben. Erstaunt, fassungslos, grinsend, lächelnd, freudig und auch beschämt schaue ich mir das alles sehr genau an, was da an mir vorbei zieht. Ich mache Fotos von manchen Wagen, denn so etwas habe ich noch nie gesehen. Die Menschen, die in der Parade dabei sind, machen wirklich mit. Sie freuen sich, sind stolz – die Menschenmassen, die an den Seiten stehen, winken ebenfalls, freuen sich und die Stimmung ist sehr freudig, offen, begeistert. Nicole zuppelt mir irgendwann am Ärmel. Ob ich denn die ganze Parade hier stehen will. Öhm, ja? Ähm, nee! Meint Nicole, ob ich denn schon vergessen hätte… Nee, habe ich nicht aber das kann doch noch warten… Nein, die Geschäfte machen dann auch mal zu heute. Ach ja… Hm… Wie gut, dass die anderen Geschäfte, in die wir wollten auf der anderen Straßenseite liegen, da kommt man jetzt nämlich nicht einfach so rüber – ist ja Parade! Und so gehen wir ein wenig die Straße ab. Das heißt – Nicole rennt vor und ich muss schauen, dass ich hinterher komme. So verpasse ich natürlich einige der Wagen und Fotos machen geht schon gar nicht mehr. Irgendwann bleibt Nicole dann stehen. Es ist doch recht weit um an das Ende der an der Seite stehenden Menschen zu gelangen. Zum Trost darf sie einkaufen gehen und ich weiter gucken. Der Einkauf dauert nicht lange und sie setzt sich in einer Seitenstraße ebenfalls auf den Bürgersteig. Aber nicht um die Parade zu sehen – die ist für sie eher eine nervige Angelegenheit -, der Laptop wird ausgepackt und angemacht. Irgendwie muss die Zeit ja genutzt werden… Mir tut sie ja nun doch ein wenig leid… Und so wende ich mich ab, nachdem die Hare Krishna Leute ebenfalls in der Parade (ihr Hare hare Lied singend) mit gezogen sind.
Nicole seufzt erleichtert auf, macht ihren Laptop wieder aus und wir versuchen die Straßenseite zu wechseln. Als ich eine Lücke entdecke, hüpfe ich einfach rüber und Nicole eilt hinterher. Sie ist erleichtert und so stürmen wir den nächsten Laden. Als wir aus dem raus kommen ist die Parade beendet und so können wir nun ungestört noch die restlichen Läden abklappern. Allerdings müssen wir uns doch sehr beeilen, denn sie sind dabei zu schließen. Wir schaffen aber unser Pensum noch und nun müssen Entscheidungen getroffen werden, damit wir morgen dann kaufen können.
Ich mag nicht mehr, habe Hunger, habe Durst, mir tun die Füße weh und ich will zurück zum Zelt. Vorher aber müssen wir noch einkaufen und vielleicht auch was essen. So stiefeln wir zurück zum Wagen, stärken uns ein wenig und brechen dann auf. Bevor wir in den Supermarkt stürmen, machen wir noch eine kleine Stadtrundfahrt. Bald darauf ist auch der Einkauf erledigt und als wir aus dem Laden kommen peitscht der Regen über die Parkplätze. Nass, kalt, dunkel und ungemütlich. Nicole läuft zum Auto, stellt es vor mir ab, ich lade die Einkäufe schnell ein und hüpfe auch ins Auto. Puh, geschafft!
Jetzt aber zurück. Wir fahren in der beginnenden Dämmerung und ich hänge immer noch bei der heute gesehenen Parade. Mich haben die Menschen beeindruckt. Die Menschen, die bei der Parade mitgewirkt haben genauso wie die Menschen an den Seiten. Diese Freude, diesen Stolz, diese Begeisterung – alles echt und wirklich und wahr! Ich stelle mir so etwas in D vor und denke, dass hier wohl eher die peinliche Berührtheit zu spüren wäre. Vielleicht hätten bestimmte Altersklassen ihre Freude daran aber hier waren alle Altersstufen vertreten. Viele Kinder, Erwachsene, Ältere aber auch viele Jugendliche standen an den Seiten und haben begeistert mit geguckt, gewunken und ihre Freude gehabt. Wir gesättigt wir doch sind, wie viel wir brauchen um Freude zu erleben…
Als wir auf den Schotterweg zu unserem Stellplatz einbiegen, wissen wir, jetzt haben wir es gleich geschafft. Da sehe ich auf dem Weg etwas hocken. Hm, könnte ein Kiwi gewesen sein? Also der Vogel… Ich gucke Nicole an und auch sie hat etwas gesehen… Das müssen wir uns doch noch mal genauer ansehen. Wir wenden und fahren langsam und sehr aufmerksam zurück. Doch da ist nichts mehr, was so aussieht, wie das, was wir zuerst wahrgenommen haben. Dann kann es ja eigenlich nur ein Kiwi gewesen sein, oder? Am Ende der Straße wenden wir wieder und fahren ganz langsam. Nichts zu sehen, und das, was da liegt, sieht anders aus, als das was da vorhin war. Wir sind uns fast ganz sicher, einen Kiwi gesehen zu haben! Toller Tagesabschluss.
Am Zelt angekommen, merken wir, wie müde und k.o. Wir sind. Ein wenig bleiben wir noch im Wagen sitzen doch dann mache ich mich auf ins Zelt. Morgen werden wir hier bleiben – Ruhetag ist angesagt.